FE026 Soziales Europa

Die Sozialsysteme in Europa und der Welt

Christiane Krieger-Boden Christiane Krieger-Boden
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Ist Sozialpolitik nicht eigentlich nationalstaatlich organisiert, entlang eingespielter Entwicklungspfade und mühsam auf nationaler Ebene erkämpfter Kompromisse zwischen Arbeit und Kapital? Gibt es überhaupt eine europäische Sozialpolitik?

Tatsächlich geht es im Interview mit Christiane Krieger-Boden vom Institut für Weltwirtschaft Kiel zunächst vor allem um die sehr unterschiedlichen Entwicklungspfade europäischer Wohlfahrtsstaaten. Sie lassen sich den drei Modellen des universalistischen skandinavischen, des konservativen universalistischen kontinentalen (darunter auch deutschen) und des marktortientierten angelsächsischen Wohlfahrtsstaats zuordnen. Dazu kommt noch ein vierter Typ in Südeuropa, der als partikularistischer Wohlfahrtsstaat nur bestimmte Bevölkerungsgruppen (z.B. Staatsbedienstete) begünstigt und der deshalb am stärksten auf der Solidarität innerhalb der Familien aufbaut.

Wohlfahrtsstaaten beruhen auf Solidarität, d.h. auf einem Konsens über mehr oder weniger Umverteilung. Und so weit es auf europäischer Ebene die Bereitschaft und die Instrumente für Umverteilung gibt, existiert auch eine europäische Sozialpolitik. Zu ihr gehören z.B. europäische Sozialfonds, die Mittel in Regionen mit hoher Jugendarbeitslosigkeit leiten.

Aber die Bereitschaft für Umverteilung ist eben auch begrenzt. Deshalb findet Umverteilung vor allem in Gestalt der Arbeitsmigration und als Ausgestaltung von Standards dieser Arbeitsmigration statt. Zu mehr sind die Mitgliedsstaaten der EU derzeit nicht bereit, und selbst die Arbeitsmigration ist - siehe Brexit - umstritten. In den Augen der nationalen Mitgliedsstaaten ist ein Europa, das schützt, immer noch sehr stark ein Europa, das den jeweils eigenen Arbeitsmarkt gegen zu viel Konkurrenz aus anderen Ländern der EU schützt. Dennoch: am Ende ist Frau Krieger-Boden vorsichtig optimistisch: sie sieht einen Prozess der Konvergenz der nationalen Sicherungssysteme, und zwar in Richtung des derzeit besten Modells, nämlich des universalistischen skandinavischen Modells.

4 Gedanken zu „FE026 Soziales Europa

  1. Frau Krieger-Boden weicht der Frage des Grundeinkommen aus, was ich sehr schade finde. Gerade bei jemanden, deren Job es ist, sich mit gesellschaftliche Dynamiken zu befassen.
    Das Argument von Herr Pritlove ist, dass man mit einem Grundeinkommen eine nicht für Geld entlohnte Tätigkeit wie Ehrenamt für das Gemeinwohl ausüben könnte. Sie sagt, „Wenn man dafür bezahlt wird, dann ist es nicht mehr ehrenamtlich“, allerdings vergisst sie, dass man mit dem Grundeinkommen die Freiheit hat seine Arbeit für die Gemeinwohl selbst zu bestimmen und nicht von einer Entlohnung abhängig ist. Wenn ich denke, dass die zur Wahl stehende für Geld entlohnte Arbeit nicht dem Gemeinwohl hilft, dann bin ich auf diese nicht angewiesen. Das sehe ich in der IT Industrie häufiger. Produkte, die Profit bringen, aber keine oder sogar negative Auswirkungen auf die Gesellschaft haben. Da wären die ganzen Free to Play Spiele zu nenen, die versuchen Kunden zu manipulieren, mehr Zeit und Geld in das Spiel zu investieren. Facebook, welche Nutzung als Suchterregend und unglücklichmachend von der Wissenschaft beschrieben wird.
    Ich halte das Grundeinkommen auch für kritikwürdig, aber sehe bisher keine bessere Lösung, die die durch die Automatisierung und die damit folgende Massenarbeitslosigkeit enstehenden Probleme lösen könnte. Ich hatte da gehofft, dass in der Wissenschaft einen klareren Blick auf die Angelegenheit hat.

  2. Mich hat erstaunt wieviele Floskeln Frau Krieger-Boden verwendet. Auf die Frage, ob man die Vorteile von flexiblen Arbeitsmärkten sehen können, kommt die Antwort man kann es in den Modellen sehen und manchmal auch in der Realität.
    Vielleicht ist das auch nicht ihr Spezialgebiet.
    Bei den Hartz Reformen sagt sie, die Arbeitslosigleit ist gesunken. Allerdings erwähnt sie nicht, dass das Arbeitsvolumen so hoch ist wie 1990 bei mehr Erwerbstätigen. Die Teilzeitquote ist ebenfalls deutlich gestiegen. Es sind mehr Menschen in Arbeit. Sie arbeiten aber kürzer und zu schlechteren Konditionen.
    Der Aussage, dass schlechte Arbeit besser sei, als keine Arbeit, kann nur von einem Ökonomen kommen. Es ist für micht nicht nachzuvollziehen.
    D.h. Hartz 4 ist ein Erfolg, wenn man nur auf die Erwerbstätigenzahlen schaut + die beschönigte Arbeitslosenstatistik. Schaut man auf die Realität, wo Menschen das Existenzminimum gekürzt wird, die Menschen nach einer Entlassung eben nicht in einem sicheren Sozialsystem aufgefangen werden, das Existenzminimum nachweislich zu niedrig ist, ist für mich die Aussage „es sei ein Erfolg“ nicht nachzuvollziehen.

    Von einer Wirtschaftsforscherin hätte ich mir mehr Einordnung und Hintergrundinformationen gewünscht. Vielleicht hat sie es gemacht, um die Hörer nicht zu überfordern.

  3. Ich würde mir wünschen, dass dieses Thema ein weiteres Mal in die Folge aufgenommen wird. Ich fand die Frage sehr gut. Die Antworten waren mMn nicht ausreichend.

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